Der Bienen-Freund
Julius Schießer hat schon als kleiner Junge auf dem Wochenmarkt Honig verkauft. Der Bienen-Freund und Öko-Unternehmer ist Gründer und Geschäftsführer des Unverpackt-Ladens „Honighalle“ in Friedrichsdorf bei Frankfurt.
„Wir sollten alles, wirklich alles tun, um die Biene vorm Aussterben zu retten“
Lieber Julius, Bienen spielen eine ganz besondere Rolle in deinem Leben. Kann man sagen, du hast Honig im
Blut?
Ja, genau, so könnte kann man es sagen (lacht).
Mein Vater hat vor über 40 Jahren mit der Imkerei angefangen, Bienen und Honig haben meine Kindheit geprägt,
waren eigentlich allgegenwärtig.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich mit zwei oder drei Jahren mit auf dem Wochenmarkt war in Frankfurt.
Ich hatte sogar einen kleinen Stand und die Leute sind ausgeflippt und fanden es cool, dass da ein kleiner Bub
Honig verkauft.
Auch war ich immer dabei, wenn uns Schulklassen besucht haben und mein Vater Vorträge gehalten hat.
Die konnte ich irgendwann auswendig, mein Wissen über Bienen war also schon sehr früh relativ groß.
Du bist also mit Bienen aufgewachsen, was macht sie so interessant?
Die Biene ist ein faszinierendes Tier.
Allein die Kommunikation untereinander, diese Demokratie innerhalb eines Bienenstockes, das Wirken als Ganzes,
das ist alles sehr spannend.
Bienen finden gemeinsam immer die beste Lösung.
Und Bienen wissen sich zu helfen, sie können alles selbst herstellen, was sie brauchen, wissen auch ganz genau,
wo sie was sammeln müssen,
damit sie den restlichen Stock schützen, sie nutzen die Natur als Apotheke.
„Honig ist ein Top-Premium-Produkt“
Davon profitieren auch wir Menschen…
Absolut. Bienen produzieren so viele Produkte, die für uns einen Mehrwert haben. Gelée Royal, das zum Beispiel
das Immunsystem stärkt,
Propolis mit antibiotischer Wirkung oder Blütenpollen. Sie schaffen also nicht nur ein Superfood, sondern gleich
eine ganze Palette Superfood.
Das alles und noch viel mehr verkaufst du seit Ende 2019 mit einem fast 20-köpfigen Team in der
„Honighalle“, einem sehr besonderen Unverpackt-Laden in Friedrichsdorf in der Nähe von Frankfurt. Wie kam es
dazu?
Nach meinem Studium, einem Auslandssemester und vielen Reisen war irgendwann klar,
dass ich aus meiner Leidenschaft für die Biene etwas machen muss und machen kann mit etwas Geschick.
Vor fünf Jahren habe ich mich selbständig gemacht und die Imkerei meines Vaters nach und nach übernommen, vor
allem die Vermarktung.
Mein Bruder hat dazu die Ausbildung zum Imker gemacht, wir sind ein perfektes Duo, ergänzen uns sehr gut.
Und ihr hattet den Mut, euren eigenen Weg zu gehen?
Ich war schon immer überzeugt vom Konzept „Cradle to Cradle“, also einer konsequenten Kreislaufwirtschaft, von
der Idee,
keine negativen Spuren zu hinterlassen und dadurch der Umwelt und uns als Gesellschaft etwas Gutes zu tun.
Auch da ist die Biene ein Vorbild. Sie besorgt ihr Baumaterial über kurze Wege und kann direkt vor Ort
produzieren, alles wird wiederverwendet, das ist sehr inspirierend.
Wir haben dann zunächst angefangen mit einem neuen Pfandglas für unseren Honig und nachhaltige Etiketten.
Das kam so gut an, das wir so etwas auch für andere Lebensmittel anbieten wollten. Dann war klar, ein
Unverpackt-Laden, das wär’s.
Dort haben wir selbst immer schon gern eingekauft, da stehen wir voll dahinter.
Ihr habt die Imkerei eures Vaters weiterentwickelt zur Honighalle?
An dem Produkt Honig kann und wollte ich nichts verändern. Das ist ein Top-Premium-Produkt, besser geht es
nicht, aber es modern anbieten und nachhaltig,
das war das Ziel, ein wertvolles Produkt in die Moderne bringen. Mit der Honighalle haben wir einen besonderen
Ort geschaffen,
wo es mehr gibt als Honig und Kerzen, wo man auch Müsli, Nüsse oder Kosmetik kaufen und sich in unserem Café bei
einem Stück Kuchen wohlfühlen kann.
Was macht diesen besonderen Ort aus?
Du sollst dich fühlen, als wärst du in einem Bienenstock. Deswegen die Optik mit vielen Sechsecken, mit viel
Holz und dann auch der große form.bar-Theke.
Mit ihrer geschwungenen Form erinnert sie an eine gefüllte Wabe, das hat super zusammengepasst.
Wie hast du form.bar entdeckt?
Gute Frage. Ich hab ewig lang gesucht im Internet, dann bin ich über ein Bild von euch gestolpert, ihr macht das
ja gut, dass ihr so viele schöne Beispiele präsentiert.
Ich glaube, es war ein Tisch, der Ciottolo, der hat mich sofort gefangen und ich dachte, okay, daraus könnte man
genau die Theke machen, die wir wollen.
„Dass man selbst online anfangen kann, hat es mir sehr viel leichter gemacht“
Hast du sie im Konfigurator selbst designed?
Teilweise. Ich hab angefangen rumzuspielen, das macht ja auch Spaß und ist wirklich ziemlich cool, aber
irgendwann kam ich an meine Grenzen,
denn die Theke sollte sechs Meter lang werden. Eine nette Mitarbeiterin von form.bar hat mir dann sehr geholfen
und Verbesserungen vorgeschlagen.
Ich hatte also die Vorlage selbst gemacht und gemeinsam haben wir den Entwurf dann verfeinert und finalisiert.
Für dich der perfekte Weg?
Ja, dass man selbst online anfangen kann, hat es mir sehr viel leichter gemacht.
So braucht man keine Angst zu haben, dass es gar nicht gut wird, gar nicht in die richtige Richtung geht, weil
dein Gegenüber nicht weiß, was du überhaupt willst.
Bei form.bar war klar: Ich will es so machen, nur hier noch länger und da etwas runder, und du weißt, es kann
gar nicht komplett verkehrt werden.
Das gibt dir ein gutes Gefühl.
Wie kommt die Theke bei euren Kunden an?
Auf jeden Fall sehr gut. Von Anfang an. Wir alle denken auch immer wieder gern an den Tag der Eröffnung der
Honighalle,
zurück, es war unglaublich viel los.
Dass man sogar auf dem Dorf mit unserer Idee so viele Leute ansprechen kann, motiviert uns enorm.
Was motiviert dich noch jeden Tag neu?
Mittlerweile ist es auch ein großes Team, mit dem man was zusammen anpacken kann.
Ansonsten ist es die Überzeugung, mit dem, was man tut, einen Schritt nach vorne zu machen, Dinge besser zu
machen.
Wenn das funktioniert, macht es einen stolz.
Ich denke, als Unternehmer hat man eine gewisse Verantwortung, es geht nicht nur darum, Geld zu verdienen,
sondern auch darum, dafür zu sorgen,
dass weniger Müll oder weniger Abgase erzeugt werden.
„Es geht nicht nur darum, Geld zu verdienen“
Hast du dich schon immer als Unternehmer gesehen?
Irgendwie schon. Wie gesagt, ich verkaufe Honig, seit ich denken kann.
Ich habe dann unter anderem in Maastricht International Business studiert, und auch dort ein Firma aufgezogen,
wir haben Fahrräder verkauft und repariert.
Das war jetzt nicht super erfolgreich, aber ganz lustig und lehrreich.
Hast du Vorbilder als Unternehmer?
Wer für mich immer in die richtige Richtung gedacht hat, war der Gründer von Esprit und North Face, Doug
Tompkins.
Er hat sich immer sehr für die Umwelt eingesetzt und hat später von seinem vielen Geld in Patagonien sehr viel
Land gekauft, um Nationalparks zu schaffen.
Was denkst du, braucht es, um sein Leben nach seinen Wünschen zu formen?
Was du machst, musst du mit Leidenschaft machen, damit du genug Energie hast, deine Ideen umzusetzen.
Darum schätze ich auch die unternehmerische Freiheit so sehr, weil du alles sofort verwirklichen kannst.
So steht man jeden Tag gerne auf und macht die Arbeit gerne,
weil ein Sinn dahinter ist und dieser Sinn sich mit deiner Leidenschaft verbindet.
Zum Abschluss: Wie geht es der Biene?
Da muss man unterscheiden. Der Honigbiene an sich geht es gar nicht so schlecht, es gibt viele Imker und die
machen viel, sorgen auch für viel Aufmerksamkeit.
Aber der Wildbiene und vielen anderen Insekten geht es nicht gut, weil so viel gemäht wird, weil mehr
Chemikalien ausgefahren werden, weil die Natur zerstört wird.
Schätzungen zufolge sind 70 Prozent der über 500 Wildbienen-Arten vom Aussterben bedroht.
Und auch wenn Albert Einstein den Satz, anders als behauptet, wohl doch nie gesagt hat, bleibt die Aussage
erschütternd:
Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Wir alle sollten
also alles tun, wirklich alles, damit es nie soweit kommt.